Dienstag, 9. Juli 2013

Workcamp


Im Moment verbringe ich ein „Workcamp“ in Agou-Nyogbo, ein zweitausend Seelendorf in den Bergen um Kpalimé. Wie jede Weltwärts-Generation realisieren wir den letzten Monat unseres Freiwilligendienstes ein selbstentwickeltes Projekt. Wir haben uns entschieden die Bibliothek, welche auch gleichzeitig die Einsatzstelle eines Freiwilligen ist, zu „renovieren, ausbauen und beleben“. Die letzten beiden Wochen hatten wir eigentlich vor Ferienkurse anzubieten. Geplant waren unter anderem ein Kurs zur Ersten Hilfe, ein Perlen Atelier, ein Chor, eine Theatergruppe, ein Standart Tanzkurs, ein Fußballtunier, ein Volleyballclub und ein Informatikkurs. Leider sind nur die Hälfte der Kurse zusammen gekommen.
Wir haben alles probiert um die Kinder auf unsere Kurse aufmerksam zu machen. Wir sind mit Trommeln, Saxophon, Geige, Plakaten und Gesang durch das Dorf gezogen. Wie beim Rattenfänger von Hammeln sind die Kinder uns in Scharen gefolgt und haben mitgesungen. Wir haben den Dorfchef geben für uns zu „gongolieren“. Eine älterer Mann wird vom Dorfchef beauftragt durch das Dorf zu ziehen und mit Hilfe einer Glocke die neusten Nachrichten zu brüllen, so auch über unsere Ferienkurse.
Trotzdem stellte sich heraus, dass so kurz nach den großen Abschlussarbeiten, es schwierig war die Schüler zu motivieren.
So blieb es bei weniger Kursen als geplant. Der Theaterkurs zum Beispiel findet statt. Nachdem die ersten viel Improvisationstheater gespielt und viel gesungen wurde, haben sich die Kinder jetzt eine Geschichte ausgedacht, die sie vorstellen möchten.

Geschichte von den Kindern des Theaterkurses:
Die Großeltern einer Großfamilie gehen zusammen spazieren und entdecken dabei, dass das Feld der Familie abgebrannt und die ganze Ernte der Familie zerstört ist. Die Kinder freuen sich zuerst, jetzt müssen sie nicht mehr auf dem Felde arbeiten. Doch nach ein paar Wochen wird das Essen zum ersten mal knapp. Der Familienrat wird einberufen und es wird verzweifelt nach einer Lösung gesucht. Die Großeltern beschließen, sich wieder Arbeit zu suchen, aber sie sind alt. Der Vater versucht das Feld neu zu bepflanzen, aber das wird dauern. Es wird überlegt, einige Kinder für ein Jahr aus der Schule zu nehmen, um Schulgeld zu sparen, und damit sie ein wenig Geld für die Familie verdienen können. Doch die Mutter ist dagegen, denn Bildung ist wichtig. Also sucht die Familie Hilfe im Dorf. Der Dorfchef beruft eine Versammlung ein, und jede Familie, die etwas übrig hat, gibt etwas. So bekommt die Familie die finanzielle Unterstützung, sowie ein Stück unzerstörtes Land zur Verfügung gestellt, und irgendwie kommen sie durch. Sie danken Gott.
            Zwei Jahre später: Durch den Brand ist der Boden des Feldes sehr Nährstoffreich geworden und die Ernte ist so reichhaltig wie noch nie. Die finanzielle Situation der Familie hat sich deutlich entspannt. Dann stirbt der Dorfchef und seine Frau, die viele Kinder zu versorgen hat, kommt in finanzielle Schwierigkeiten. Die Familie, welcher der Dorfchef vor zwei Jahren geholfen hat, kann nun seiner Witwe helfen und zum Beispiel für einige Kinder das Schulgeld bezahlen.

Ich fand die Geschichte relativ bezeichnend für einige Aspekte des Dorflebens. Viele Familien auf den Dörfern leben hauptsächlich von den Erträgen ihrer kleinen Felder. Die ganze Familie, auch die ganz kleinen und die ganz alten arbeiten auf dem Feld. Wenn die Ernte dann ausfällt hat die ganze Familie ein Problem. Und das kann schnell passieren. Beginnt die Regenzeit zu früh oder zu spät, ist es zu warm, zu kalt. Oder eben Busch/Waldbrände die auf die Felder überschlagen. Zwar können diese Gefahren das Leben auf dem Land, beziehungsweise im Dorf, sehr erschweren, allerdings herrscht in vielen Dörfer auch eine ausgeprägte Solidarität. Jeder hilft jedem, wenn er kann. Und jeder bekommt geholfen, wenn er es braucht. Natürlich hat diese Solidarität auch ihre Grenzen. Wie dieses Theaterstück verdeutlicht. Auch die Rolle der Kinder wird vorgestellt. Schon für die ganz Kleinen ist es selbstverständlich bei den Arbeiten die Anfallen mitzuhelfen. Wenn der Familie das Geld fehlt helfen sie mit, sie verkaufen Kleinigkeiten oder helfen bei Arbeiten im Dorf. 

Dienstag, 21. Mai 2013

Alltag!


Ich habe mir hier längst einen Alltag geschaffen. Für mich ist das Exotische, Abenteuerliche Normalität geworden. Morgens gehe ich in die Schule. Ich öffne das blaue Tor: „Antoniaaa, Antoniaaaa!“. Nach dem morgendlichen „Begrüßungsritual“, Zähneputzen. Anschließend Unterricht, mal Mathe, mal Französisch, mal Sport. Pause, die Kinder Essen, das Kollegium hält seinen Kaffeeklatsch, leider ohne Kaffee. Danach zwei weitere Stunden, wahrscheinlich Gemeinschaftskunde. Gegen zwölf essen die Kinder und auch ich gehe nach Hause. Zu Mittag Bohnen, Reis oder Ingnam. Wenn die größte Hitze vorbei ist gehe ich los und unterrichte mit einer Freundin einen Englisch-Kurs, eine  integrative Musikgruppe bei ENVOL und erledige andere Ding die anfallen. Wenn noch Zeit ist gehe ich vor dem Abendessen noch eine Cola trinken in einer der zahllosen Bars.
            Erst als meine Freundin Sophia oder meine Familie zu Besuch kamen wurden mir einige Besonderheiten wieder klar. Ich bin mir sicher Sophia hat einen Großteil der Ziegen Lomés, Kpalimés und Umgebung fotografiert. Mein Bruder jeder Art von überfülltem Transportmittel, ob Moto-Moto (darunter versteht sich ein Moto mit einem Moto beladen), ein Fahrrad-Moto (ein Moto mit mindestens zwanzig Fahrrädern), oder der schwankende Lastwagen mit nur drei Reifen. Auch als ich begann für mein Studium eine WG-Zimmer zu suchen, war eine meiner ersten Fragen. „Gibt es den auch einen Kühlschrank?“.



            Keine Frage, das Leben hier ist anders! Anders nicht immer nur im Sinne von lustig und aufregend, auch im Sinne von traurig u

nd deprimierend. Aber ist gibt auch so viele Gemeinsamkeiten. Togo ist keine andere Welt, lediglich ein Land ein bisschen näher am Äquator als Deutschland. Ich habe mich hier eingelebt und kann sagen, Togo ist Alltag geworden.

            Eine „Projekt“ das mir zur Zeit besonders am Herzen liegt ist der Sexualkundeunterricht mit meiner Klasse. Es ist unglaublich lustig, interessant und herausfordernd einem Haufen pubertärer Jugendlicher, fast ohne Sprache, die Sonderheiten der Sexualität näher zu bringen. Ich erinnere mich noch an den ersten Sexualkundeunterricht in der sechsten Klasse und die Jugendlichen hier machen keinen Unterschied. „Kakaii“ „HIHIHIHI“. 

Zu Beginn haben wir den Unterschied zwischen Mann und Frau behandelt, jetzt sind wir schon bei den Intimzonen des menschlichen Körpers. Nicht nur für die Kinder ist das Thema eine Herausforderung. Hier wird das Thema Sexualität teilweise viel offener, teilweise aber auch um einiges verklemmter aufgefasst. Einerseits ist die weibliche Brust keine Intimzone, andererseits erzählen die Eltern teilweise ihren Kindern sie würden sterben bei Geschlechtsverkehr. Gespräche mit einigen Eltern haben außerdem gezeigt, das Kinder mit Behinderung, im dörflichen, sowie im städtischen Umfeld viel eher von sexuellen Belästigungen oder gar Gewalt betroffen sind als Andere. Dieses Thema ist auch schon bei den jüngeren Kindern brisant geworden. Es ist schwierig den Unterschied zwischen frühkindlichen Entdeckungsdrang und Anzeichen für sexuelle Gewalt auszumachen. Ein Problem sind auch die undurchsichtlichen Familienstrukturen. Bei manchen Großfamilien ist es schwer auszumachen welches Familienmitglied gerade anwesend ist und wer für welches Kind verantwortlich ist. Um auch die Eltern mit ins Boot zu ziehen organisieren ich jetzt einen Elternabend zum Thema in Zusammenarbeit mit dem „Familien-Plan-Zentrum“ des Krankenhauses.

Es gibt also immer noch einiges zu tun und nachdem ich mich ausgiebig in einer Klinik in Lomé erholt habe, starte ich motiviert in die letzten Monate.

Sonntag, 20. Januar 2013

Tourist in Ghana


Mit Schrecken habe ich festgestellt, wie lange ich meinen Blog jetzt schon nicht bedient habe! So viel ist passiert über das es sich gelohnt hätte zu berichten. Aber vielleicht liegt es genau daran, es ist wirklich so viel passiert und die Zeit vergeht hier wie im Flug. Außerdem muss ich zu meiner Verteidigung sagen, dass ich lange und oft krank war. Mittelohrentzündung, eine ominöse „Bauchinfektion“, Parasiten, Malaria, alles war mal dabei. Ein Ende ist dem leider immer noch nicht gesetzt. Aber jetzt zu den schöneren Dingen des Lebens. Über Neujahr war ich zwei Wochen mit drei anderen Weltwärts-Freiwilligen in Ghana. Wir eine abenteuerliche Tour von Nord nach Süd, vom Nationalpark zu den Stränden der goldenen Küste gemacht. Es war eine wunderbare Zeit und wir haben es in vollen Zügen genossen einfach Tourist mit Kamera um den Hals zu sein. Deshalb bekommt ihr hier die clichéehaften und trotzdem wunderschönen Seiten Ghanas zu sehen.

Hier also die versprochenen Fotos:

Los ging die Reise früh morgens in Kpalime mit den Motos durch den Regenwald nach Hoehe in Ghana. Einige Probleme gab es doch mit dem Grenzsoldaten aber mit ausreichender Bestechung Seitens unserer Motofahrer und Fahrzeugwechsel regelte sich auch dieses Problem. Von Hoeheo begann eine zweitägige (Tor)Tour Richtung Norden. Unzählige Thro-Thros (klapprige Minibuse bis aufs Dach vollgestopft, die auch gerne Mal mitten in der Nacht im Nirgendwo liegen bleiben...), endlose Staubpisten, ein paar sehr interessante Bekanntschaften und zig ermüdende Diskussionen um den richtigen Preis später kamen wir in Mole, einem wunderschönen Nationalpark, an.

Eines der besseren Fahruntersätze

Marktplatz. Kein Nebel, sondern Staub.
Dorf auf dem Weg Richtung Norden


Richtung Norden werden, selbst nach Togostandards, die Straßen immer schlechter, die Häuser immer einfacher und das Warenangebot immer geringer. Trotzdem hat mir auch der Norden sehr gute gefallen. Vielleicht gerade weil es weniger touristisch ist, wenn man überhaupt von touristisch sprechen kann, wir man seltener übers Ohr gehauen als im Süden und die Menschen kommen mir auch noch ein Ticken freundlicher vor. Der Nationalpark war super. Wir haben Elephanten, Paviane, Wildschweine (Pumbas Kollegen), kleine Affen, Krokodile, Antilopen und Vultures gesehen. 


Sonnenuntergang


Affenfamilien

Elephanten (Foto)-Jagd


Pumba und Pumba-Junior


Safari

Elephant





Nach der täglichen Safari haben wir am Hotelpool (!), von dem aus man eine wunderschöne Aussicht über die Savanne hat, entspannt. Auch Nachts war die Aussicht eindrucksvoll, wenn der Horizont von lodernden Buschfeuern erleuchtet war. Nach zwei wunderschönen Tagen brachen wir morgens um vier wieder auf. Obwohl die Busfahrt so früh am Morgen nicht die bequemste war, so war es doch sehr schön die Landschaft und Dörfer bei Sonnenaufgang zu bestaunen. Auf unserem Weg Richtung Strand legten wir eine Übernachtung in Kurmasi ein, eine Stadt der ich gerne mehr Zeit gewidmet hätte. Die Landschaft wandelte sich von Savanne in tropischen Regenwald und nach einer gefühlten Ewigkeit kamen wir an unserem Ziel für die nächsten Tage und Sylvester an... Im Paradis, Awidaa Beach! Wir verbrachten vier Nächte in einer süßen, traditionellen Hütte direkt am einsamen Strand. So wunderschön, Wörter und auch Fotos können dies gar nicht einfangen. Hier ein paar Impressionen:
Annanas-Saison
Unendlicher, goldener Strand
Volleyball bei Sonnenuntergang

Akwidaa Beach
Akwidaa Beach, auf dem Weg zum Brunnen
Von Akwidaa Beach machen wir eine Tour in den Mangrovenwald
Mangrovenwald bei Cape Coast
"Wassertaxi"
Mangrovenwald bei Sonnenaufgang
Cape Coast
Elmina Castle




Leider neigte sich auch unser Urlaub dem Ende entgegen und wir mussten aufbrechen zu unserem letzten Ziel, Elmina. Hier haben wir uns das Fort Cape Castle angeschaut. Die Führung durch die Festung, seine Kerker und „the Door of No Retur“ hat einem schauderhaft den hier stattgefunden Sklavenhandel und die Geschichte Ghanas näher gebracht. Von dort ging es zurück nach Togo. Der Grenzübertritt war wieder ein Ereignis. An der Grenzstation erklärte man uns: Visa und Pass -> rechts, kein Pass, kein Visa, aber 1000 CFA -> links. Von einer breiten asphaltierten Straße fahren wir in etwas, was eher einem staubigen Flussbett ähnelt, wir sind zurück in Togo. Mein Souvenir aus Ghana war leider erneute Malaria und Parasiten, weswegen es für von Thro-Thro direkt ins Krankenhaus ging. Eigentlich soll mein Blog ein bisschen etwas aus dem Alltagsleben in Togo wiedergeben und keine Afrikacliches bestärken, aber unser Urlaub war so schön, dass ich ihn unmöglich vorenthalten konnte.