Montag, 29. Oktober 2012

endlich... ENVOL


Mein erster Blogeintrag über ENVOL, werde ich heute endlich veröffentlichen. Ich arbeite jetzt schon seit fast einem Monat bei ENVOL. Wer es noch nicht mitbekommen hat, ENVOL ist eine Schule für geistig behinderte Kinder. Zurzeit besuchen 32 Kinder, zwischen sechs und 21 Jahren, die Schule, aufgeteilt in Klasse ein, zwei und drei und eine Gruppe, die im Garten eine Art Ausbildung macht. Die Kinder verteilen sich nach Alter und Niveau auf die drei Klassen.
Morgens um 7:30 komme ich bei ENVOL an. Es sind schon einige Kinder in ihren khaki Uniformen im Hof. Die Jüngeren spielen, die Älteren fegen den Hof, die drei Klassen, die Räume der Physiotherapeuten oder helfen in der Küche. Ich motiviere die jüngeren Kinder zum helfen. Freudig schnappen sie sich einen Besen und schieben den Dreck von links nach rechts. Gerade viele der jüngeren haben Probleme mit der Motorik, weshalb es ein bisschen dauert bis sie das mit dem Fegen voll verstanden haben. Nebenan hören wir die Trompeten und Trommeln des Fahnenappells der Grundschule. Einige Kinder stehen an der Mauer und schauen herüber. Plötzlich ist Samuel, ein siebenjähriger Junge, weg. Er hat sich zu den Kindern der Grundschule eingereiht, die zum Fahnenappell singen. Irgendwann hole ich die Zahnbürsten und Becher raus und stelle die Tische für das morgendliche Zähne putzen auf. Die Kinder drängeln schon, wer als erstes putzen darf. Samuels Enttäuschung über den verpassten Fahnenappell ist schlagartig vorbei. Er kommt auf mich zu gerannt, macht „ahhhh“ und wedelt mit der Hand wild vor seinem Mund herum. Er kann es kaum erwarten. Nachdem alle die Zähne geputzt haben, was von Tag zu Tag weniger Zeit und Nerven kostet, fängt gegen 8:30 Uhr der Unterricht an. Ich assistiere in Klasse drei bei Kofi. Kofi ist ein sehr netter, älterer Lehrer. Ein sehr gutmütiger Mann, manchmal vielleicht etwas zu gutmütig mit den Kindern. Neben Kofi unterrichten auch noch Theo, der Direktor, und Victorian, die anderen Klasse. Auf dem Stundenplan steht Französisch, Mathe, Sport, Motorik und Geschichte. In Mathematik lernen die Kinder die Zahlen von eins bis drei. Einige haben große Probleme damit. Zum Beispiel Julien, als ich ihm zum dritten Mal erklärt habe, dass ich drei Buntstifte in der Hand halte und nicht ein oder zwei, gebe ich auf und frage ihn schließlich auf Ewe. Ewe ist die lokale Sprache, und ziehe da, es klappt, zumindest einiger Maßen. Frederik sitzt neben mir und gibt Julien schließlich ungeduldig die Antworten vor. Frederik ist der fiteste in der Klasse. Er war bereits auf einer regulären Schule, hatte dort jedoch noch Probleme. Er ist meine kleine Hilfe und übersetzt auf Ewe, wenn die anderen Kinder etwas nicht verstehen oder verstehen wollen. Er bringt mir immer wieder eine Banane oder andere Kleinigkeiten mit. Mit Frederik rechne ich andere Aufgaben an der Tafel, er kann bereits locker bis 100 addieren. Als ich mit ihm die Aufgaben rechne, steht Apolline ungeduldig neben mir und verlang ihrerseits nach Beschäftigung. Das erste Mal war ich noch überrascht, warum sie nicht mit den anderen eins, zwei und drei auf die kleine Tafel an ihren Plätzen malte. Doch ich hatte sie total unterschätzt. Nachdem sie Aufgaben im dreistelligen Bereich subtrahiert und addiert hat und fast alle richtig waren, freut sie sich riesig. Die erste Stunde ist schon längst vorbei, aber Apolline verlangt nach mehr Aufgaben, bis weit in die Pause hinein. Als sie schließlich doch noch in die Pause geht, strahlt sie, gibt mir High-Five und umarmt mich. Es war eine sehr gute Stunde. Um 9:00 ist Pause. Die Kinder spielen im Hof, bis es ein kleines Frühstück gibt. Meistens Bouillie, eine Art flüssiger Griesbrei. Ich habe eine kurze Pause, aber nur kurz, denn schon kommt Olivia und erzählt etwas in Ewe, oder Dora, die in die Luft geworfen werden will. Nach 45 Minuten geht es wieder in die Klassen. An der Tafel steht „Le prenom et le nom de la famille“. Wir haben Französisch und die Kinder lernen sich mit ihren Namen auf Französisch vorzustellen. „Je m’appelle Kofi Julien Kuma“ schallt es durch den Raum. Kofi ist der Name auf Ewe, es bedeutet, dass er an einem Freitag geboren worden ist. Julien ist der französische Namen, den fast jedes Kind zusätzlich bekommt. Julien hat vergleichsweise wenige Namen. Neben dem französischen Namen, dem Tag der Geburt, haben viele Kinder auch noch einen Namen der Taufe, einen Namen der die Konstellation der Geschwister beschreib und eine Danksagung an Gott oder Allah. Als nächstes haben die Kinder Geschichte. Sie lernen die Bedeutung von gestern, heute und morgen. Obwohl Kofi diesen Teil des Unterrichts fast nur auf Französisch gestalten, haben einige Kinder deutliche Probleme zu folgen. Es ist fast Mittag und es ist so warm in dem offenem Raum, dass auch ich ziemlich müde werde. Danach haben wir Sport. Kofi hat mich gebeten die Stunden zu übernehmen. Ich baue einen kleinen Hindernisparkour auf dem größeren Hof der Grundschule auf. Ich bin nervös, ob es überhaupt klappt und nicht in ein totales Chaos ausartet. Normalerweise laufen die Kinder im Sport nämlich nur Runden im Hof. Aber die Kinder sind motiviert und es klappt wunderbar. Die Kinder essen jeden Tag, außer Mittwochs, bei Envol zu Mittag. Ich helfe den jüngeren beim Hände waschen und achte darauf, dass auch jedes Kind sein eigenes Essen ist und danach nicht mit der Hand in den Teller des Nachbarn greift. Nach dem Mittag essen ist es Zeit für mich zu gehen. Ich hole meine Tasche aus dem Büro, was die Kinder schon als Zeichen erkennen. Von überall her kommt „Au revoir!“, „A demain!“ und ich freue mich riesig über die strahlenden Gesichter. Serre kommt auf mich zu gerannt, gibt mir einen Handkuss und umarmt mich zum Abschied. Wenn ich ENVOL verlasse, kann ich selber kaum ein Lachen unterdrücken und ich freue mich schon auf morgen.

Kleines Frühstück

Serre mit seinem Lieblingsauto

Olivia

Dora


Kleines Frühstück

Samuel



Der Hof
"A demain!"



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