Im Moment verbringe
ich ein „Workcamp“ in Agou-Nyogbo, ein zweitausend Seelendorf in den Bergen um
Kpalimé. Wie jede Weltwärts-Generation realisieren wir den letzten Monat
unseres Freiwilligendienstes ein selbstentwickeltes Projekt. Wir haben uns
entschieden die Bibliothek, welche auch gleichzeitig die Einsatzstelle eines
Freiwilligen ist, zu „renovieren, ausbauen und beleben“. Die letzten beiden
Wochen hatten wir eigentlich vor Ferienkurse anzubieten. Geplant waren unter
anderem ein Kurs zur Ersten Hilfe, ein Perlen Atelier, ein Chor, eine Theatergruppe,
ein Standart Tanzkurs, ein Fußballtunier, ein Volleyballclub und ein
Informatikkurs. Leider sind nur die Hälfte der Kurse zusammen gekommen.
Wir haben alles
probiert um die Kinder auf unsere Kurse aufmerksam zu machen. Wir sind mit
Trommeln, Saxophon, Geige, Plakaten und Gesang durch das Dorf gezogen. Wie beim
Rattenfänger von Hammeln sind die Kinder uns in Scharen gefolgt und haben
mitgesungen. Wir haben den Dorfchef geben für uns zu „gongolieren“. Eine
älterer Mann wird vom Dorfchef beauftragt durch das Dorf zu ziehen und mit
Hilfe einer Glocke die neusten Nachrichten zu brüllen, so auch über unsere
Ferienkurse.
Trotzdem stellte
sich heraus, dass so kurz nach den großen Abschlussarbeiten, es schwierig war
die Schüler zu motivieren.
So blieb es bei
weniger Kursen als geplant. Der Theaterkurs zum Beispiel findet statt. Nachdem
die ersten viel Improvisationstheater gespielt und viel gesungen wurde, haben
sich die Kinder jetzt eine Geschichte ausgedacht, die sie vorstellen möchten.
Geschichte von den Kindern des Theaterkurses:
Die Großeltern
einer Großfamilie gehen zusammen spazieren und entdecken dabei, dass das Feld
der Familie abgebrannt und die ganze Ernte der Familie zerstört ist. Die Kinder
freuen sich zuerst, jetzt müssen sie nicht mehr auf dem Felde arbeiten. Doch
nach ein paar Wochen wird das Essen zum ersten mal knapp. Der Familienrat wird
einberufen und es wird verzweifelt nach einer Lösung gesucht. Die Großeltern
beschließen, sich wieder Arbeit zu suchen, aber sie sind alt. Der Vater versucht
das Feld neu zu bepflanzen, aber das wird dauern. Es wird überlegt, einige
Kinder für ein Jahr aus der Schule zu nehmen, um Schulgeld zu sparen, und damit
sie ein wenig Geld für die Familie verdienen können. Doch die Mutter ist
dagegen, denn Bildung ist wichtig. Also sucht die Familie Hilfe im Dorf. Der
Dorfchef beruft eine Versammlung ein, und jede Familie, die etwas übrig hat,
gibt etwas. So bekommt die Familie die finanzielle Unterstützung, sowie ein
Stück unzerstörtes Land zur Verfügung gestellt, und irgendwie kommen sie durch.
Sie danken Gott.
Zwei
Jahre später: Durch den Brand ist der Boden des Feldes sehr Nährstoffreich
geworden und die Ernte ist so reichhaltig wie noch nie. Die finanzielle
Situation der Familie hat sich deutlich entspannt. Dann stirbt der Dorfchef und
seine Frau, die viele Kinder zu versorgen hat, kommt in finanzielle
Schwierigkeiten. Die Familie, welcher der Dorfchef vor zwei Jahren geholfen
hat, kann nun seiner Witwe helfen und zum Beispiel für einige Kinder das
Schulgeld bezahlen.
Ich fand die
Geschichte relativ bezeichnend für einige Aspekte des Dorflebens. Viele
Familien auf den Dörfern leben hauptsächlich von den Erträgen ihrer kleinen
Felder. Die ganze Familie, auch die ganz kleinen und die ganz alten arbeiten
auf dem Feld. Wenn die Ernte dann ausfällt hat die ganze Familie ein Problem.
Und das kann schnell passieren. Beginnt die Regenzeit zu früh oder zu spät, ist
es zu warm, zu kalt. Oder eben Busch/Waldbrände die auf die Felder überschlagen.
Zwar können diese Gefahren das Leben auf dem Land, beziehungsweise im Dorf,
sehr erschweren, allerdings herrscht in vielen Dörfer auch eine ausgeprägte
Solidarität. Jeder hilft jedem, wenn er kann. Und jeder bekommt geholfen, wenn
er es braucht. Natürlich hat diese Solidarität auch ihre Grenzen. Wie dieses
Theaterstück verdeutlicht. Auch die Rolle der Kinder wird vorgestellt. Schon
für die ganz Kleinen ist es selbstverständlich bei den Arbeiten die Anfallen
mitzuhelfen. Wenn der Familie das Geld fehlt helfen sie mit, sie verkaufen
Kleinigkeiten oder helfen bei Arbeiten im Dorf.